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Ein Pilgerweg als Ziel: Der Jakobsweg

Seit über tausend Jahren pilgern Christen durch Galicien Nordspanien. Ihre Routen entlang des spanischen Jakobsweges verbinden zugleich die wichtigsten Kulturstätten. Am französichen Weg ab Roncesvalles in den Pyrenäen u.a. Pamplona, Burgos, Leon und Santiago di Compostella.

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Nordwestspanien ist als Reiseregion für viele Menschen gleichbedeutend mit dem Jakobsweg. Sage, du fährst nach Nordspanien, und du wirst hören: »Ah, du pilgerst!«

Pilgern auf dem Jakobsweg in Nordspanien

In der Tat: Mehrere Jakobswege führen durch Nordwestspanien. Dennoch ist die Region sehr viel größer als die Landstriche, die diese Pilgerwege umgeben. Das Pilgern dort ist nicht erst seit einigen Jahren, sondern seit zwölf Jahrhunderten modern. Andererseits ist es eine extrem anstrengende und nicht immer schöne Unternehmung – wegen der vielen Steigungen und des gnadenlosen Wetters, wegen Hitze, Schnee, Regen und Sturm, auch wegen der auf einigen Abschnitten unattraktiven Wegführung entlang von Autobahnen und Landstraßen. Wer hier pilgert, muss sehr fit und sehr motiviert sein.

 

Alle anderen, die eine oder zwei Urlaubswochen ohne Pilgern in Nordspanien verbringen, genießen die Vorteile der Jakobstradition: die vielen alten Kirchen, die gute touristische In­frastruktur, die seit Jahrhunderten gewachsene und perfektionierte Service-Könnerschaft. Und ja, auch die ganz besondere Atmosphäre, die Spiritualität, die Verbundenheit der Menschen aus allen Teilen der Welt.

Geschichte und Legenden

Auf freiem Feld wurde zu Beginn des 9. Jh. das Grab des Apostels Jakobus, Santiago, gefunden bzw. vermutet – noch immer ist die Zuordnung der Gebeine umstritten – an der Stelle, an der heute die Kathedrale steht. Zur Erklärung, wie der Leichnam vom Heiligen Land in jene entlegene Region Spaniens kam, existieren verschiedene Legenden. Eine besagt, der Apostel habe im Nordwesten Spaniens das Evangelium verkündet. Einer anderen Legende zufolge schafften zwei seiner Jünger den Leichnam des Apostels nach dessen Hinrichtung von Jerusalem ans Meer. Dort brachten sie ihn auf ein unbemanntes Schiff, das, von Engeln geleitet, im Nordwesten Spaniens anlandete. Nach einer Reihe von Wundern hätten die Gebeine von Jakobus dort ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Geschichte, Politik und Religion am Jakobsweg

Als er die Nachricht von der Entdeckung des Grabes durch einen Einsiedler erhalten hatte, ordnete König Alfons II. von Asturien (zu dem Königreich gehörte damals auch das heutige Galicien) den Bau einer Kirche an jener Stelle an. Die Zeit der ­Jakobswallfahrten begann – was auch politisch erwünscht war. Denn die von den Mauren beherrschte Region sollte nach der christlichen Rückeroberung neu bevölkert werden. Wirtschaft und Kultur brauchten neue Impulse. Die Entstehung eines religiösen Zentrums, dessen Bedeutung weit über die Grenzen Asturiens hinausging, passte gut dazu. Ab dem 11. Jh. entstand die Santiago-Kathedrale und der Pilgerstrom schwoll an, auch gefördert von Papst Calixtus II. (1118–24), der ein einzigartiges Sonderrecht erließ, das bis heute gilt: In allen Jahren, in denen der 25. Juli – der Namenstag des Heiligen Jakobus – auf einen Sonntag fällt, erlangen Besucher der Kathedrale von Santiago de Compostela den vollen Ablass für alle begangenen Sünden. Das nächste Jakobsjahr wird 2027 sein. Dann wird wieder mit einem besonderen Ansturm auf den Pilgerort zu rechnen sein.

Das große Pilgern durch Galicien

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden immer mehr Wege, Brücken, Kapellen, Kirchen, Gasthäuser und Hospitäler, um die aus vielen Ländern kommenden Wallfahrer zu versorgen – und um das lukrative Pilgergeschäft weiter anzukurbeln. Es gab auch Zeiten, in denen die Jakobspilgerei ein wenig aus der Mode geriet, doch auf jede Baisse folgte eine Hausse, und die neueste hält seit Jahrzehnten an. Das hängt sicherlich mit den heute schnelleren und preisgünstigeren Anreisemöglichkeiten aus aller Welt zusammen. Einen Schub bekam das Ganze auch durch die international erfolgreichen Pilgerbücher von Paulo Coelho (›Auf dem Jakobsweg: Tagebuch einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela‹, 1987), Shirley MacLaine (›Der Jakobsweg: Eine spirituelle Reise‹, 2000) und dem Bestseller ›Ich bin dann mal weg‹ von Hape Kerkeling (2006), dessen Reisebeschreibung es als Verfilmung 2015 sogar in die Kinos schaffte. Eine weitere Antwort darauf ist ›Ich bin da noch mal hin‹ von Anne Butterfield (2012).

Routen zu Fuß, per Rad und Bus von den Pyrenäen nach Santiago di Compostella

Viele Wege führen zu den drei wichtigsten Wallfahrtsorten der Chris­tenheit – nach Rom, Jerusalem und eben nach Santiago. Der bekannteste Jakobsweg, die Französische Route, hat ihren spanischen Startpunkt in Roncesvalles in den Pyrenäen, von dort geht es über Pamplona, Logroño, Burgos und León, bis zum Ziel sind es insgesamt knapp 800 Kilometer. Rund 300 000 Pilger erhalten jährlich die Wallfahrtsurkunde ›Compostela‹. Wanderer – wie auch Reiter oder unmotorisierte Rollstuhlfahrer – müssen dafür mindes­tens 100 km zurücklegen, Radfahrer 200 km. Auch für Auto- und Busreisende gibt es einen Jakobsweg: eine Ferienstraße, die die wichtigsten Kulturstätten der Region verbindet. Über weite Strecken verläuft sie parallel zum Wanderweg, und wie dieser ist sie weitaus weniger frequentiert als man vermuten könnte.

Santiago de Compostela