Mendel- und Manghenpass, Monte Grappa, Passo Brocòn und Pordoijoch liefern ein unglaublich vielfältiges Gebirgsszenario, das für Tourenfahrer keine Wünsche offenlässt und von Mai bis Oktober die herrlichsten Entdeckungsmöglichkeiten bietet.
Der Mendelpass: Besser könnte eine Motorradtour in Südtirol wohl kaum starten. Über 15 gut ausgebaute Kehren und abwechslungsreiche Kurvenkombinationen mit hohem Fahrspaß-Faktor fräst sich die Passstraße bergauf in den Felsen und erreicht auf 1363 Metern ihren Höhepunkt.
Direkt an der Passhöhe angekommen zweigt (abseits der Route) eine kleine Waldstraße und Sackgasse mit engen Kehren rechts zum Gipfelplateau des Penegal ab. Von dort aus genießt man aus 1737 Metern Höhe eine phänomenale Fernsicht. Wer sich den Umweg von rund 10 Kilometern sparen möchte, bleibt auf der Route, die vom Mendelpass nun in einem kurvigen Verlauf bergab nach Ronzone und Cavareno führt.
Eine herrliche Kurvenfahrt durch saftig-grüne Apfelplantagen folgt, bis bei Revò ein spektakulärer Ausblick auf den Lago di Santa Giustina vor dem Visier erscheint. Die von Bergen malerisch umrahmte Talsperre wird am Westufer umfahren. Weiter geht es in den Süden Richtung Mezzolombardo.
Bei St. Michael an der Etsch taucht die Route auf wenig befahrenen Straßen in die Weinberge rund um Verla ein. Die romantischen Seitentäler, an denen der Durchgangsverkehr vorbeizieht und auch die Zeit spürbar langsamer voranschreitet, strahlen eine besondere Ruhe aus und die Fahrt wird kurzzeitig geruhsamer.
Im darauffolgenden Val di Fiemme nimmt die Motorradreise auf genialen Powerkurven wieder Fahrt auf. In diesem besonders "flowigen" Streckenabschnitt mit langgezogenen, gut ausgebauten und einsehbaren Kurven verfällt man in ein rhythmisches Links-rechts-Schwingen, ehe die Route bei Molina di Fiemme rechts zum Manghenpass abbiegt.
Der Manghenpass liefert eine lustvolle Trainingseinheit für Motorradfahrer und kräftiges Zupacken ist dank anspruchsvoller Kurvenkombinationen mit vielen engen Haarnadelkurven gefragt. Der Pass zwischen dem Fleimstal und der Valsugana führt zunächst auf einer enger werdenden Straße durch dichten Wald das Val Cadino hinauf, wo die Dichte der Kehren allmählich zunimmt. Der Wald lichtet sich und eine grüne, alpine Gebirgswelt eröffnet sich vor dem Visier.
Konzentration ist gefragt: Nach Steigungsraten von bis zu 18% und spitzen, wenig einsehbaren Kurven ist die Passhöhe auf 2042 Metern schließlich erklommen. Die Aussicht zu beiden Seiten des Passes ist fantastisch und lädt auf einen ausgedehnten Boxenstopp ein.
Für Motorradfahrer erfreulich ist, dass der Passo Manghen für LKW und Busse gesperrt und deshalb wenig frequentiert ist. Dennoch sind ein vermindertes Tempo und Vorsicht bei der kniffligen Streckenführung und frei herumlaufenden Kuhherden ratsam. Fahrerisch ähnelt die bergabführende Südrampe dem nördlichen Abschnitt. Auch hier ist die Fahrt durch die hochalpine Landschaft ein echter Hochgenuss.
Vorbei am Levicosee, der mit kleinen Stränden und schattigen Wiesen auf einen Badestopp einlädt, geht es in den Süden nach Bassano del Grappa, wo die Berglandschaft abrupt endet und in eine weite Ebene übergeht. Es folgt die Etappe zum Monte Grappa (1775 m) – eine Strecke, auf der man sich herrlich schwindelig fahren kann. Oben angekommen ist ein Stopp beim Militärfriedhof von Monte Grappa mit nahgelegener Einkehrmöglichkeit empfehlenswert. Vom beeindruckenden Kriegerdenkmal aus hat man einen grandiosen Rundumblick auf die im Norden liegende Gebirgslandschaft und die Po-Ebene in südlicher Richtung.
Über den Passo di Monte Ágaro und den Passo Brocon mit seiner schmalen, kurvenreichen Straße geht es wieder in den Norden. Vorbei an Agordo und dem Lago di Alleghe nähert sich die Motorradtour wieder dem Herzen der Dolomiten. Zwischen Arabba und Canazei über das Pordoijoch zaubert der südliche Abschnitt der legendären Sellarunde Tourenfahrern nochmal ein Grinsen ins Gesicht.
Der Schlussspurt über den abwechslungsreichen Nigerpass, der mit einer kurzzeitigen Steigung von satten 24% aufwartet, rundet den Tourentag zackig ab. Reich an neuen Eindrücken und Fahrerlebnissen klingt die Zweitagestour mit einer Fahrt durch Bozen nach Kaltern an der Weinstraße aus – was bleibt: Eine Gepäckrolle voller Erinnerungen und jede Menge Passerfahrung.