Kaum jemand, der zum ersten Mal vor dem Burgtheater steht, kann sich eines ehrfürchtigen Gefühls erwehren. Tatsächlich ist die ›Burg‹ für viele Wiener so etwas wie ein geheiligter Ort, Kultstätte der Schauspieler-Anbetung, Schule des Lebensstils, mal Zankapfel, mal Gegenstand des Stolzes. Als einer der letzten großen Ringstraßenbauten wurde das Burgtheater 1874–88 nach Plänen von Gottfried Semper und Karl Hasenauer errichtet. Büsten und Fresken, darunter Arbeiten von Gustav und Ernst Klimt, schmücken die Feststiegen und Pausenfoyers. Der Zuschauerraum kann seine Vergangenheit als kaiserliches Hoftheater nicht verleugnen, in den Logen und hierarchisch abgestuften Rängen dominiert roter Samt. Seine bedeutendsten Akteure ehrt das Burgtheater seit dem 18. Jh. mit Porträts. In der Ehrengalerie entdeckt man Stars wie Helene Thimig und Alexander Moissi, Elisabeth Orth und Klaus Maria Brandauer. Die Bühne galt von jeher als Nonplusultra der deutschsprachigen Schauspielkunst. Seine Geschichte begann 1741, damals überließ Kaiserin Maria Theresia dem Theaterunternehmer Selliers ein Ballhaus neben der Hofburg. Ihr Sohn Joseph II. stellte das Theater 1776 unter die Verwaltung des Hofes, der auch die Finanzierung übernahm. Während zu jener Zeit die Bühne auf deutsches Kulturgut ausgerichtet war, regiert heutzutage die Internationalität.