Die Kirche der Heiligen Familie dürfte die berühmteste Dauerbaustelle Europas sein. 1883, ein Jahr nach Grundsteinlegung, übernahm Antoni Gaudí die Bauleitung, ab 1911 widmete er sich ausschließlich diesem Projekt. Es war ein Vorhaben, das ihn persönlich und finanziell ruinierte. Mit Spenden gelang es, die Arbeiten an diesem gigantischen Wunderwerk der Fantasie langsam, aber stetig fortzusetzen. Die geplante Fertigstellung 2026 zum 100. Todestag Gaudís lässt sich nicht halten. Wegen einer Treppe zur Glorienfassade, für deren Bau mehrere Gebäude abgerissen und Bewohner umgesiedelt werden müssten, kam es zu Einsprüchen.
Türme und Skulpturen
Von den 18 Türmen, welche die Heilige Familie symbolisieren, existieren bereits die acht Aposteltürme der Querhausfassaden, vier weitere werden über die Südfassade kommen. Darüber hinaus fertiggestellt sind die vier Evangelistentürme und der Turm der Muttergottes. Im Zentrum wird als höchster der Christusturm mit 172,5 m aufragen. Wenn dieser – wie geplant – 2026 vollendet werden kann, wird die Sagrada Família das Ulmer Münster als Kirche mit dem bislang weltweit höchsten Kirchturm ablösen.
Die Geburtsfassade auf der Ostseite, ein Meisterwerk des Modernisme, trägt noch die Handschrift Gaudís. Das überbordende Skulpturenprogramm der Portale ist der Geburt Christi gewidmet. Besonders schön sind die Tierfriese in den Gewänden. Die Passionsfassade auf der Westseite zeigt die klaren, strengen Linien der Moderne. Unter der hohen, zeltartigen Vorhalle öffnen sich drei Portale. Die Skulpturengruppen (ab 1987) von Josep Maria Subirachs zur Leidensgeschichte Christi bestehen aus scharf geschnittenen Figuren voll volkstümlich-naivem Pathos.
Innenraum
Das Innere der fünfschiffigen Basilika mit dreischiffigem Querhaus entfaltet sich wie ein Märchenwald mit schlanken Säulen und 75 m hoch aufragenden Gewölben, die an das Ast- und Blattwerk von Baumkronen erinnern. Gaudís größtes Vorbild war die Natur mit ihren schwerelos wirkenden Strukturen. In der Krypta mit Gaudís letzter Ruhestätte präsentiert ein Museum anhand von Plänen, Modellen und Fotos die Errungenschaften des Architekten.