Die Frari-Kirche entstand ab 1443 an Stelle eines kleineren Bauwerks des 13. Jh., das sich als unzureichend für den Repräsentationswillen der Franziskaner erwiesen hatte. Schließlich befand sich der Orden damals im Konkurrenzkampf mit den Dominikanern. Die schlichte spätgotische Backsteinfassade der Frari umhüllt eine gewaltige dreischiffige Basilika. Riesige Marmorgrabmäler für den Bildhauer Antonio Canova (1757–1822) und für Tizian, den erfolgreichsten Maler des 16. Jh., bilden den Auftakt. Das mit Reliefs geschmückte Chorgestühl gibt den Blick frei auf die Hauptapsis mit Tizians Meisterwerk, der fast 7 m hohen ›Assunta‹ von 1518. Diese Himmelfahrt Mariens entfaltet sich als furioses Bilddrama. Unten stehen die Apostel und gestikulieren aufgeregt, einer streckt sogar den Arm aus, als wolle er Maria auf Erden zurückhalten. Die aber posiert graziös wie eine Tänzerin auf einem Wolkenband, ihre Gewänder flattern im Wind. Kurz nach der Assunta malte Tizian die ›Pesaro-Madonna‹. Das Altarbild im nördlichen Seitenschiff vereint Himmlisches mit irdischen Eitelkeiten, denn Jacopo Pesaro tritt selbstbewusst neben der Muttergottes auf. Wie weit es die Dogen mit ihrem Stolz bringen sollten, zeigt das unfassbar pompöse Grabmal des Giovanni Pesaro von 1659 an derselben Wand. Ganz anders ging es noch 1488 zu, in Bellinis ›Pesaro-Triptychon‹. Es wahrt die Würde und hält die Rangordnung zwischen Maria und den Pesaros ein. Nur die musizierenden Engel fallen etwas aus dem feierlichen Rahmen.